21. Juni–07. Sept. 2025
Kunstpreis Delmenhorst 2025
Tomás Maglione, Vanessa Amoah Opoku, Fynn Ribbeck
Tomás Maglione, Vanessa Amoah Opoku und Fynn Ribbeck erhalten den Kunstpreis Delmenhorst, der im Jahr 2024 zur Förderung junger Gegenwartskunst gegründet wurde und nun erstmalig vergeben wird. Alle zwei Jahre wird dieser Preis von unabhängigen Fachjurys an drei Künstler:innen verliehen, die mit ihren Abschlussarbeiten an Kunsthochschulen im deutschsprachigen Raum auf sich aufmerksam gemacht haben. Sie bekommen die Gelegenheit, im Haus Coburg auszustellen, erhalten ein Preisgeld von jeweils 5.000 Euro und eine zweisprachige Publikation. Die Preisträger:innen 2025 arbeiten medienübergreifend, wobei sie eine intensive Auseinandersetzung mit dem Medium Video verbindet.
Mit feinfühliger Aufmerksamkeit für seine Umgebung erkundet Tomás Maglione öffentliche Räume und Phänomene, die ihm im Alltag und in der Gesellschaft begegnen. Auf diese Weise findet der Künstler zu verschiedenen, oft auch politisch bedeutsamen Themen. Sie reichen von der Architektur der Wolkenkratzer im Frankfurter Bankenviertel, über Bilderwelten in Sprachlernbüchern bis hin zu außergewöhnlichen Hobbies. So nähert sich das Video When it burns from the inside (2023) einer Gemeinschaft von Planespottern an, die in ihrer Freizeit Flugzeuge beobachten und fotografieren. Nach und nach legt der Künstler in seiner Arbeit nicht nur unterschiedliche Facetten der Tätigkeit selbst frei, sondern auch individuelle Sehnsüchte und damit verbundene soziopolitische Fragen.
Vanessa Amoah Opoku thematisiert in ihren Werken migrantische Erfahrungen und Vorstellungen von Heimat und Zugehörigkeit. Sie entwirft virtuelle Welten, mit denen sie der eigenen Familiengeschichte nachzuspürt und gesellschaftlich verdrängten Stimmen einen Raum gibt. Für ihre filmischen und fotografischen Arbeiten erfasst sie mit einer Smartphone-App reale Orte und Umgebungen als 3D-Scans. Aus diesen baut sie im Anschluss virtuelle Räume, in denen sich Realitäten überlagern. Im Zentrum von Opokus Multimedia-Installation Bricks and Cement Don’t Make a House (mit Joy Weinberger, 2024) steht ein Haus ihrer Familie in Ghana. Ausgehend von Geschichten rund um den Bau beleuchtet die Arbeit wie migrantische Familiengeschichten von Wünschen und Hoffnung, aber auch Scheitern und Schmerz geprägt sein können.
Fynn Ribbecks Videoarbeiten und Skulpturen collagieren historisches Archivmaterial: Bilder von Personen, Ereignissen oder Architektur. Oft spielt dabei ein Bezug zur deutschen Geschichte und der politischen Gegenwart eine Rolle. Indem er es filmisch animiert, haucht der Künstler dem Material neues Leben ein und verwebt es zu traumartigen, atmosphärischen Erzählungen. Bei der Videoarbeit An Eggshell Mind (2023) dient das Porträt eines anonymen Schulmädchens aus den 1930er Jahren als Ausgangspunkt. Ribbeck bildet daraus eine Figur, die in einem totalitären System lebt. Angelehnt an die visuelle Sprache früher Stumm- und Propagandafilme, taucht die Erzählung in die Gedanken und das Unterbewusstsein der Protagonistin ein. Auf beklemmende Weise offenbart sich das Potenzial totalitärer Macht, jeden Lebensbereich zu durchdringen.
Ermöglicht wird der Kunstpreis Delmenhorst maßgeblich durch den Allgemeinmediziner Calin Pirvu und die Von-der-Heyde-Cordes-Stiftung, mit weiterer Unterstützung durch den Freundeskreis Haus Coburg e.V. und die Stadt Delmenhorst.
Der Preis wurde durch zwei Fachjurys vergeben.
Preisjury: Jennifer Chert (Galerie ChertLüdde, Berlin), Matilda Felix (Haus Coburg | Städtische Galerie Delmenhorst), Christoph Platz-Gallus (Kunstverein Hannover), Edit Molnár (Haus für Medienkunst, Oldenburg) und András Siebold (Kampnagel, Hamburg).
Vorschlagsjury: Kathrin Bentele (Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf), Carina Bukuts und Liberty Adrien (Portikus, Frankfurt a.M.), Gürsoy Doğtaş (Kunsthistoriker und freier Kurator), Susanne Keichel (Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig) und Chus Martínez (Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW, Basel).
Für den Kunstpreis Delmenhorst 2025 nominiert waren: Noa und Lara Castro Lema, Corç George Demir, Rashiyah Elanga, Yuchu Gao, Golnaz Hosseini, Ludwig Kuffer, Tomás Maglione, Vanessa Amoah Opoku, Clarita Maria Phiri-Beierdörffer, Chloe-Rose Purcell, Arisa Purkpong, Fynn Ribbeck, Robin Stretz, Leonardo Bürgi Tenorio und Florin Weber.
Unser besonderer Dank geht an die Förderer für ihr großzügiges Engagement. Allen nominierten Künstler:innen und den Fachjurys danken wir herzlich für ihre Teilnahme.